Wie wirken Wünsche?

 

Lieber Lubin,


sind Wünsche wirklich wie Salzwasser? Sind sie nicht das, was unserem Leben eine gewisse Süße verleiht bzw. in der Süße lässt, indem wir uns darin wohl fühlen, weil Wünsche uns auch Lebenskraft und Lebensfreude bescheren, etwas zu vollbringen, unserem Hiersein einen Sinn zu verleihen, selbst wenn es der Wunsch ist, einfach wunschlos alles was ist, wertfrei auf sich wirken zu lassen und auch alle aufkommenden Wünsche mit Achtung und Respekt zu begegnen. Es gibt uns die Kraft und die Motivation, etwas auszudrücken, was in uns ist, das sich in uns Bewegende oder, was in uns gerade bewegt wird. Es verleiht uns die Fähigkeit, Formloses in eine Form zu bringen, bzw. eine Form entstehen zu lassen.
Nicht beachtete Wünsche können viele physische und seelische Probleme zur Folge haben.
So kann es viel schlimmer sein, keine Wünsche mehr zu spüren, wenn sie nur verdrängt sind?
Ich denke, man kann im Zustand voller Wünsche genauso glücklich sein wie auch wunschlos. Genauso kann man absolut wunschlos glücklich sein, doch auch sehr unglücklich.
Ob Wünsche nun bewusst oder unbewusst sind, spielt dabei keine Rolle.
Vielleicht wäre es sogar gut, manchmal Wünsche zu haben, wo man keine hat.
Das Entscheidende ist doch der freie Fluss, indem alles sein darf und von dem man nichts abspalten sollte.
Einen Wunsch zu ignorieren, obwohl er da ist aus vielleicht irgendwelchen negativen Erfahrungen heraus, bringt das Salzwassergefühl hervor, da dieser Wunsch permanent zu kompensieren versucht wird, was nicht der Erfüllung des eigentlichen Wunsches entspricht. Es wird gestopft und gestopft, doch der Hunger bleibt. Da kommt es auf der einen Seite zu einer vollkommenen Übersättigung und auf der anderen Seite zu einem immer größeren Hungergefühl. Doch, ich betone, es gilt immer zu fühlen, wo der Wunsch her fließt. Zu beachten sind alle, doch ein jeder erfordert einen anderen Umgang. Es gibt Wünsche, wenn man die sich erfüllt, stürzt man tiefer ab, als man sich vorstellen kann, weil sie nicht aus dem reinen Herzen kommen, sondern aus der Gier des besitzen wollens oder sich etwas einzuverleiben oder über etwas Macht haben zu wollen oder die wahren Wünsche vergessen zu wollen usw..
Ich denke sowieso, dass das Problem der Menschen gerade das ist, dass sie nicht ihre wahren Wünsche beachten, sondern im Grunde oft das „Falsche“ essen. Sie verkleistern den wahren Wunsch durch Reize, die sie sich verschaffen, um sich vorübergehend in einen Rauschzustand zu versetzen, indem sie ihre wahren Wünsche nicht spüren müssen, weil sie sowieso Angst haben, sich denen zu stellen.
In meinem äußeren Leben haben sich auch, besonders seit ich den Herzensweg ganz bewusst gehe, viele Probleme in der äußeren Welt gezeigt, weil vieles aus der vertrauten scheinbaren Ordnung gefallen ist. Der Verstand beginnt da schon öfters verrückt zu spielen.
Doch das Herz mit Sicherheit überhaupt nicht. Im Gegenteil, es offenbart, in aus der Bewusstheit geschaffenen Situationen, die eigene innere Welt in der man selbst verhaftet ist, um diese zu überwinden.
Also, wozu sich den Tag vermiesen lassen, in der Hoffnung, ein Problem lösen zu können, dass sich auf der Verstandesebene sowieso nicht lösen lässt, weil es auf der Ebene gar nicht entstanden ist.
Der Verstand will sich nur schon wieder einmischen, weil das seine Natur ist und dabei versucht ist, die wahre Heilung und Erlösung zu blockieren. Der Verstand liebt Probleme und er produziert Wünsche, um den Menschen in permanenter Unzufriedenheit zu halten oder "falsche" Wünsche zu erfüllen.
Ein Wunsch, der der Freude entspringt, bringt einen zum Überfließen.
Der nur aus dem Verstand, will Dich betrügen. Er reicht das Salzwasser, das Du trinken sollst, damit er Dich bei der Stange halten kann.
Es wäre ein fataler Fehler, sich den Verstand einmischen zu lassen. Er wird immer versuchen, zu betrügen und zu manipulieren und wird auch alles tun, damit das momentan aufgetretene Bedürfnis befriedigt wird und man sich in Sicherheit wiegt. Er will Dich nicht reifen lassen und nicht, dass du neue und bessere Erfahrungen machst, sondern dich nur wieder in deinen vertrauten  Schlaf wiegen.
Wie gesagt, wenn ich nicht angefangen hätte, nach meinem Herzen ganz bewusst zu leben und nicht der Stimme meines Herzens konsequent zu folgen, hätte ich viele Probleme nicht bekommen. Mein Herz hat mich da hinein geführt für Seelenwachstum und Entfaltung, Reife und Vertrauen und nur es kann mich da auch wieder rausführen bzw. darüber hinausführen und mich in Klarheit belassen.

Es führt mich immer in dem Moment wieder aus einem Problem heraus, wenn im inneren das tieferliegende Problem erkannt und aufgelöst ist bzw., wenn eben alle Entwicklungsschritte gegangen sind oder etwas reif ist für den nächsten Schritt. Der Kirschbaum kann erst blühen, wenn alle Bedingungen dafür erfüllt sind. Da er im Ganzen eingebunden ist, drängelt er auch nicht danach, im Dezember blühen zu wollen.
Im Außen gibt es so gesehen im Grunde nichts zu tun. Das geschieht immer wie von selbst, entsprechend der im inneren fließenden Energien. Jede Störung im außen zeigt eine Störung im Inneren an.
Da ist dann auch der Wunsch da, das im Inneren aufzulösen. Wie das geschieht und durch was, weiß auch das Herz am besten.
Das Innere und das Äußere betreffen selbstverständlich auch immer gleichzeitig das Gesamte.
Nun, da kann man sich natürlich hinstellen und sagen, was kann ich dafür, wenn das Ganze so ist und ich doch nur ein Teil davon.
Doch ganz so ist es selbstverständlich nicht, denn ein jeder ist nicht nur das „Blatt“ am Baum, sondern auch der „Baum“ und trägt das einzelne "Blat" in sich. Er ist nicht nur der „Baum“. Er ist auch der „Wald“….
Es geht darum, dass wir uns der Ebenen bewusst sind, die in uns alle angelegt sind und von jeder Ebene ist die Betrachtung und damit auch das Erleben anders. Ich kann im Wasserstrudel mich zerwirbeln lassen, doch auch an dem Punkt sein, wo ich in absoluten Frieden bin und schaue, was in dem Wirbel geschieht und aus dieser Kraft heraus, etwas beeinflussen.

Ein entspannter Zustand ist das Wichtigste für die Harmonisierung des Ganzen, auch wenn gerade dieser entspannte Zustand viel Disharmonie offenbaren kann, die aus tieferen Schichten des Seins aufsteigt, um in einen immer und immer tieferen Zustand des reinen Seins zu kommen und daraus zu leben.
Der Wunsch der Seele ist, die vollständige Harmonie mit allem was beseelt ist, um sich als Ganzheit zu erfahren.
Mein Herz erzählt mir immer, dass ich es mir gut gehen lassen soll und einfach weiter das tun soll, wie ich es im Moment immer fühle.
Der Verstand rebelliert manchmal, doch er hat nicht mehr die Kraft, sich durchzusetzen. Dazu sind die Herzenserfahrungen schon viel zu stark und überzeugend. Das Herz löscht alle Zweifel aus.
Mein Herz wäre sogar traurig, wenn ich nur einen Schritt anzweifeln würde. Es wäre traurig, doch niemals wütend und verärgert.
Somit kann ich aus meiner Erfahrung heraus absolut nichts anderes tun, als mich immer wieder den Augenblick hinzugeben der ist. Ich habe nicht mehr. Alles andere scheint mir genommen, auch wenn ich immer wieder mit Problemen konfrontiert werde.
Fühle ich einen Wunsch daraus, komme ich augenblicklich in die Handlung. Das ist die Natur des Herzens.

Wir stecken alle in dem Universum als eine Zelle und alle Zellen sind Teil des Gesamtorganismus und der Gesamtorganismus hat immer Vorrang vor der einzelnen Zelle, obwohl alles gleichzeitig im Interesse der einzelnen Zelle stattfindet.
Wenn ich ein Bild male und das Bild könnte denken und würde beginnen, sich mit anderen Bildern zu vergleichen, würde es sich womöglich schlecht und schuldig fühlen, weil ein anderes Bild von anderen als schöner und besser bewertet wird.
Dann würden die Bilder womöglich anfangen, sich gegenseitig zu verurteilen und sich gegenseitig vor Verletzungen schützen wollen. Welch Drama! Nur mit uns ist es doch nicht viel anders. Wir sind Geschöpfe, entsprungen dem Ganzen aus Momenten und wir müssen dann damit klar kommen, dass wir so sind wie wir sind, weil wir bewertet werden und Angst haben, nicht gut genug zu sein.
Aus diesen ganzen Bewertungsmustern wieder hinauszukommen, kann nur über den Weg des Herzens erfolgen.
Also: „Lausche der Stimme des Herzens!“
Manchmal gehört auch eine Wanderung in die Wüste dazu.
Doch, wenn jemand mal eine Wanderung in die Wüste unternimmt, um etwas zu erfahren, heißt das nicht, dass er gleich zum Wüstenbewohner wird.
Was immer der Herzensweg uns auf dem Weg alles beschert, bleibt eines gewiss – es ist der Erlösungsweg. Es geht nie um Erfolg, Anerkennung in der Gesellschaft oder mit anderen Menschen zurechtzukommen bzw. deren Wertschätzung zu erfahren.  Es geht nie darum, Ziele zu haben oder zu erreichen, etwas zu tun oder zu schaffen. Es geht nur darum, bedingungslos in jedem Augenblick dem Herzen zu folgen und das Ego hat keine Chance zu überleben und das Herz darf blühen und sich verströmen, unabhängig von äußeren Umständen.

Herzliche Grüße
Malina

 

 

 

„Ich kann Dir gar nicht sagen, - obwohl sich jeden Tag neue Schwierigkeiten ergeben und auch weiterhin ergeben werden – ich kann Dir nicht sagen, wie glücklich ich bin, daß ich das Zeichnen wieder aufgenommen habe….Aber jetzt, obwohl ich meine Schwäche fühle und meine peinliche Abhängigkeit von vielen Dingen, habe ich meine Seelenruhe wiedergefunden, und meine Energie wächst von Tag zu Tag.“ S.91

 

 Vincent van Gogh
aus"Briefe an seinen Bruder"
ANACONDA Verlag

 


 

 

 


 

 

 

 

 "Ich bin zu alt, um nur zu spielen,
Zu jung, um ohne Wunsch zu sein."

 

J.W. von Goehte
(in Faust I.Teil)

 

 

 

 

"Unsere Wünsche sind
Vorgefühle der Fähigkeiten,
die in uns liegen,
Vorboten desjenigen,
was wir zu leisten
imstande sein werden."



J.W. von Goehte
"Aus meinen Leben
Dichtung und Wahrheit"

 

 

 

„Heute haben wir das >Zeitalter der Angst<, des >Zukunftschock<, der epidemischen Frustration und Entfremdung, der Langeweile inmitten von Reichtum und der Sinnlosigkeit inmitten der Fülle.“ S.37

 

Ken Wilber
aus "Wege zum Selbst"
Goldmann-Verlag

 

 

 

 

 „Wer das Gefühl hat, schrecklich verpflichtet zu sein, dies und das zu tun, projiziert einfach nur seinen eigentlichen Wunsch, dies oder das zu tun. Aber gerade dies will er nicht zugeben (in seinem Widerstand gegen den Schatten)." S.128



Ken Wilber

aus "Wege zum Selbst"
Goldmann-Verlag

 

 

 

 

 

„Der Akt des Ungehorsams als ein Akt der Freiheit ist der Anfang der Vernunft.“ S. 33

 

Erich Fromm
aus "Die Furcht vor der Freiheit"


 

 

 

 „Wenn wir erkennen, dass es keinen Teil gibt, fallen wir ins Ganze.“S.77


Ken Wilber

aus "Wege zum Selbst"
Goldmann-Verlag

 

 

 

 

"Merke dir: Alles, was du über dich denkst, solltest du genauso über alle anderen denken, dann löst sich das Ego auf." S.100


Osho

"Das Buch vom Ego"

 

 

 

 

"Es gibt kein Hin.
Es gibt kein Her,
Kein Außen und kein Innen,
Kein Gehen, kein Entrinnen,
Kein Du, kein Ich.
Wir sind nicht zwei.
Alles, was ist,
Entspringt
Dem Eins."

 

 

 

"Der Meister sprach: Der edle Mensch sucht Höheres zu erreichen, der Niedriggesinnte sucht sein Ziel in niedrigen Dingen."

 

Konfuzius

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