Märchenschloss
 
Geliebtes Herz,
Er wünscht sich
Ein Gedicht von mir.
O' welch Last liegt nun
Auf meinem Busen schier.
 
Aus seiner Brust
Entsprang das Märchenschloss,
Das nun durch seine Hand
Auf das weiße Blatt so floss
Und zeigt sich bloß.
 
In Scham gehüllt,
Steh ich davor,
Doch muss mich entkleiden,
Will ich sein Schloss erreichen
Und mit dem Wort bekleiden.
 
Ich seh' die Spitze schon
Des Schlosses auf dem Berg
In dunkle Nacht getaucht,
Seh' ich am Firmament
Das Licht, das kein Ende kennt.
 
Vor dem Weg ins Märchenschloss,
O', wie mir doch graut.
Ich kleines Wesen,
Seh' das Wunder sich erheben,
Doch wie soll ich es nur leben.
 
Ich muss den Berg hinauf
Und seine Knospe küssen,
Die mich verschlingen wird
Und mich stößt ganz tief
Hinab ins Schlossverließ.
 
Nun kommen sie gekrochen
All das Gewürm und will sich
An mir laben und mir an den Hals.
Lass sie gewähren aller Mächte los,
Unberührt überlasse ich sie ihrem Fraß.
 
Denn ich bin längst
Vom Fall zerschmettert.
Niemand kam, der mich gerettet.
Nun bin ich nicht mehr zu greifen,
Denn ich bin seinesgleichen.
 
Fern aller Träume
Und der Phantasie
Falle ich in seinen Schoß.
Verlasse nie und nimmermehr
Das Märchenschloß.
 
 

 

                                                           Ute Malina Rößner

 

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